Km 1522 – Fort Fraser bis Meziadin Junction
Erst 7 Uhr konnten wir heute aufbrechen, da die Parktore bis dahin verschlossen sind. Der Fraser Lake lag wieder im Morgennebel und die ersten Sonnenstrahlen kündeten einen perfekten Tag an.
Es ging kilometerweit durch Wald, wodurch auch sonst. Ab und an zeigte sich ein kleiner See umringt von schneebedeckten Bergen oder ein Kojote. Wir bogen ab vom Highway einen düsteren Schotterweg hinein. Es dauerte keine 2 min und es eröffnete sich wunderschöner Picknickplatz am See. Die bisherigen 15 Grad Celsius scheinen für Kanadier der Freifahrtsschein zum Baden zu sein. Auf einmal waren wir umzingelt von Kleinkindern in Badehosen.
Wir kamen nach Telkwa, einem Sehnsuchtsort mit allerhand duftenden Wildrosen. Hier macht der mächtige Bukley River mit seinen Stromschnellen eine weite Kurve und der Blick nach links und rechts ist einmalig. Als wir das letzte Mal hier waren, wurde uns bewusst, dass unsere Reise dem Ende zugeht, weil wir das letzte Mal Wäsche gewaschen hatten. Jetzt fängt sie gerade erst an.
Jede halbe Stunde kommt man an einem anderen Provincial Park an. Schutzhütten, Picknicktische, ein Spielplatz, Toiletten, Wanderwege und oft ein Strand. Alles kann man kostenlos nutzen. Übrigens braucht man hier nicht jede Gelegenheit nutzen, um aufs Wc zu gehen. Man fährt einfach weiter. Innerhalb der nächsten 10 min wartet die nächste Raststätte oder ein Park.
Wir kamen nach Smithers, gingen einkaufen und mussten mal wieder tanken. Für die nächsten hunderten Kilometer war das auch die letzte Stadt. Es wird zunehmend einsamer um uns. Auch die Bewohner ändern sich. Wir sind im Gebiet der First Nations und fahren durch schroffe Canyons und mit Totempfählen gesäumte Ortschaften.
Wir fuhren, aßen Popcorn und fühlten uns tatsächlich wie im Kino. Unsere Leinwand ist die Natur, sind die schneebedeckten Berge, die wilden Flüsse und die Tiere am Wegesrand. Der Film ist nicht von einem Abspielgerät. Der Film ist echt und wir sind mittendrin.
Wir bogen auf den Highway 37 ab. Das sind über 700 km ungezähmte Wildnis. Handyempfang ist keiner mehr vorhanden. Ortschaften gibt es höchstens eine Hand voll. Hier leben Bären und Elche. Der Highway ist das Tor in das südliche Alaska. Wenn man einen ruhigen Urlaub messen möchte, dann sind es wohl die Autos, die einem in einer Stunde entgegen kommen. Wir lagen heute bei einem EAI (entgegenkommende-Autos-Index) von 10.
Hin und wieder wäre es schon schön, wenn einem öfter mal jemand begegnet. Die Strecke hat ein paar gruselige Moore mit abgestorbenen Bäumen, die aus dem Wasser empor ragen. Alle paar Meter kommen riesige Warnschilder, dass Bären unterwegs sind. Man traut sich schon fast nicht mehr irgendwo aus dem Auto auszusteigen. Und genau da war er auch. Stand an der Böschung und schaute unserem vorbei brausenden Jeep hinterher. Leider war er weg als wir umdrehten.
Wir haben heute festgestellt, dass wir ein Allradfahrzeug haben. Nun dann. Da stehen uns ja alle Türen und Straßen offen. Tatsächlich haben wir es heute schon gebraucht, als wir auf eine buckelige Schotterstraße abbogen. Die letzte Abbiegung für den heutigen Tag war allerdings der Meziadin Provincial Park am gleichnamigen See – ein Paradies im Nirgendwo. Reservierung war Pflicht, ansonsten fährt man 50 km weiter, um einen Campingplatz zu finden. Um uns knacken die Lagerfeuer und wir genießen den Abend mit Blick auf die kleine vorgelagerte Insel.