Wir liefen los, hatten einen groben Plan, aber ließen uns eigentlich einfach Stadt treiben. Wir kamen am Longshan Tempel an, wahrscheinlich die berühmteste Tempelanlage in Taipei. Im Park daneben schlafen Menschen auf der Straße. Es sind fast ausschließlich alte Menschen, die dort, unter dem Schutz der Anlage, ihr Zuhause haben.
Direkt nebenan liegt die Herbal Alley, eine Gasse voller Gewürze und Tees. Gerüche lassen sich zwar mit Worten beschreiben, doch ihre Essenz vollständig einzufangen, ist auf Papier kaum möglich. Der Duft war einfach überwältigend. Wir landeten somit immer wieder in einem Marktgewimmel. Eine Köstlichkeit leckerer aussehend als die andere. Man kann gar nicht so viel essen, wie man eigentlich wollte. Das Angebot an grünem Gemüse, wie Pak Choi und verschiedene Spinatvarianten ist überwältigend. Wie schade, dass man zu Hause fast nichts davon kaufen kann.
Auf der nächsten Straße lief man auf bunten Vogelfliesen. Sah man nach unten, wäre es ein schöner Ort. In Blickrichtung war es aber grausam zu sehen, wie große Papageien an Ketten auf ihren Stangen saßen und bunte Vögel dicht gedrängt in den Käfigen hockten. Es war die Vogelverkaufsstraße. Spatzen, die wild umherflatterten, schienen ihre Freunde befreien zu wollen – vergeblich. Vögel in Käfigen ist schon perfide, aber erst recht Vögel in Ketten.
Wir kamen in den Botanischen Garten. Was für ein Paradies. Warum Paradies? Er war voll mit Vögeln. Der langersehnte Moment war endlich da. Ein Kingfisher saß auf dem Zweig, holte aus zum Flug, schnappte sich einen Fisch und flog davon. Endlich habe ich mein Foto. Man könnte hier stundenlang verbringen, die Tiere zu beobachten. Leider mussten wir weiter.
Wir holten uns ein Fahrrad und nutzten die Radwege der Stadt. Wow, davon können sich viele eine Scheibe abschneiden. Selbst wenn du über große Straßen musst, nimmst du einfach einen Aufzug, den du mit Rädern benutzen kannst. Wir fuhren am Fluss entlang, waren auf einmal wieder mitten in der Natur und besuchten ein Hakka Culture Center, was leider ziemlich leer war. Vielleicht liegt es auch daran, dass es keine Stempel gibt, denn die gibt es hier überall und es macht so Spaß sie zu sammeln.
Wenn wir eine Reise vorbereiten, dann machen wir uns auch eine Liste mit Köstlichkeiten aus dem jeweiligen Land, die man unbedingt probieren muss. Unsere Liste ist fast abgehakt. Das brachte uns auch dazu, dass wir im Laufe des Tages einen gigantischen Becher Mango-Shaved-Eis essen mussten. Aber, wie der Name schon sagt, es ist viel Wasser mit Sirup.
Wir kamen an das staatliche Universitätsgelände. Hier brauchst du ein Fahrrad, um entlangzufahren. Deswegen gibt es auch ca. 50 U-Bike-Verleihstellen innerhalb des Geländes (pro ca. 20 Fahrräder). Da kann man sich ausmalen, wie gigantisch das ist. Man fährt entlang einer prächtigste Palmenallee, großen Parkanlage und einer Teichlandschaft.
Wir waren glücklich, denn wir waren den ganzen Tag auf dem Fahrrad in einer Millionenmetropole unterwegs. Es ist so einfach. Entweder registrierst du dich über eine App mit einer Taiwanesischen Handynummer und kannst mit der EasyCard (Transportkarte) deine Fahrten bezahlen oder du hinterlegst 90 Euro Kredit in der App und kannst dich ganz normal an deinem Fahrrad einwählen. Du bekommst einen Code, gibst den ein, ziehst das Fahrrad aus der Halterung und machst los. Wenn du unterwegs parken willst, was wir immer wieder getan haben, kannst du das Fahrrad verschließen, sodass es auch niemand anderes ausleihen kann. Es ist so einfach.
Wir besuchen in Daan Park eine große Grünanlage mitten in Taipei. Und tatsächlich, sobald du einen Park betrittst, bist du wirklich mitten in der Natur. Du hast Vögel, du hast Eichhörnchen, du hast so viel Geräusche und so viel zu gucken. Und, wir schreiben immer wieder über Toiletten. Denn es ist ein großer Unterschied zu Deutschland. Es gibt sie überall im ganzen Land für jeden kostenlos zugänglich.
So ein Park ist eine kleine Gemeinde. Auf der einen Seite wird Tai-Chi gemacht, Frauen bewegen sich bei taiwanesischen Zumba, Männer stehen mit riesengroßen Fotoapparaten und versuchen die Vögel zu erspähen, Familien laufen mit Kindern durch die Gegend und wir mittendrin.
Wir radelten weiter. In den Seitenstraßen ist es ziemlich ruhig und immer wieder entdeckst du kleine, versteckte Teehäuser. Kurz vor Sonnenuntergang kamen wir an einer der größten Sehenswürdigkeit Taipes an, dem Chiang-Kai-shek-Memorial, eine gewaltige Anlage mit Palästen, die als Theater- und Konzerthalle genutzt werden, und eben die Gedächtnishalle. Wir kamen genau zu der Zeit an, wo die Wachablösung stattfand und die taiwanesische Fahne wieder eingeholt wurde. Ein toller Ort und erinnert irgendwie an Seoul im Südkorea.
Es war Zeit den Rückweg anzutreten, der nur noch zu Fuß möglich war. Im dunklen Fahrradfahren gestaltet sich schwierig, denn die Fuß- und Radwege sind schmal und manchmal nicht getrennt voneinander. Wir liefen also Richtung Ximeding, gingen noch was einkaufen, eine Entensuppe essen und ab ins Bett.