Noch halb schlaftrunkend zogen wir heute Morgen los und suchten uns erstmal was auf der Straße zum Frühstücken. Wir gaben schon die Bestellung auf, als eine Familie mit zwei Kindern kam, denen wir unseren Platz anboten und uns auf weniger gemütliche Stühle an einen Pfosten setzten. Aber wir waren ja nur zu zweit. Als wir gefrühstückt hatten und zahlen wollten, sagte man uns, dass die Rechnung bereits beglichen ist. Verrückt, wir haben uns doch einfach nur woanders hingesetzt. Es war uns sehr unangenehm. Aber wahrscheinlich zeigt man so seine große Dankbarkeit hier in Taiwan.
Wir stiegen in die Metro und fuhren ca. eine halbe Stunde raus aus der Stadt Richtung Norden. Wo hier raus aus der Stadt ist, kann man gar nicht so direkt sagen. Denn Taipei und New Taipei gehen fließend ineinander über. Zumindest landeten wir in Tamsui und besuchten dort die Old Street. Old Street sind die Straßen, wo Märkte sind, wo Verkaufsstände sind und eben alles auf Touristen, wartet aber auch Einheimische kaufen hier. Dort gab es zumindest alles das, was wir nicht essen würden.
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Hübsch. |
Tamsui ist ein Stadtteil, der häufig besetzt wurde. Erst durch die Spanier, dann durch die Holländer, aber auch Japaner hatten hier ihre große Ära. Demzufolge steht hier ein bunter Mix aus Gebäuden der Kolonialzeit. Besonders beeindruckend ist das riesige Universitätsgelände. Wir schlenderten also durch die Straßen, spanische Forts, japanische Holzhäuser oder holländische Kirchen.
Tamsui ist völlig auf Japaner ausgerichtet. Es gibt japanische Restaurants, japanische Schrift, japanische Süßigkeiten. Und komischerweise laufen hier auch so viele Japaner rum. Warum zieht es Menschen zu Orten, die ihren eigenen ähneln? Na gut, die Frage erklärt sich ja auch durch den Ballermann auf Mallorca, wo es Schnitzel und Bier gibt beziehungsweise alle deutsch sprechen.
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Nudelherstellung |
Wir entdeckten einen Baum, der Sternfrüchte trug. Haben wir noch nie gesehen. Insgesamt gibt es hier ziemlich viel Obst. Von Wasserapfel, Mango, Papayas, Cherimoyas, Persimonen, Orangen usw. Dabei ist noch nicht mal Hauptsaison.
Es war ein wunderschöner erster Vormittag des Jahres hier. Bereits als du aus der Metro ausgestiegen bist, hallte traditionelle Musik durch die Lautsprecher. Tamsui hatte Flair. Bis zu dem Moment, wo alle anderen wach waren. Du läufst die ganze Zeit gemütlich durch kleine Straßen am Meer entlang und auf einmal wird der große Bus ausgekippt. Obwohl eher waren es 20 Busse.
Nachdem wir uns durch die Wolke von Stinky Tofu, was hier übrigens viel gegessen wird und fermentierter Tofu ist, durchgekämpft haben, gingen wir beim nächsten Vietnamesen uns ein Banh Mi holen, setzten uns in den Park und schauten auf das bunte Treiben.
Was die hier mit ihren Haustieren machen, entzieht sich uns völlig. Zur Silvesternacht hatte jemand seinen Papageien mitgenommen. Heute haben wir einen Hund gesehen, den sein Po herzförmig rasiert war und obendrauf trug er noch ein Bienenkostüm und saß in einem Kinderwagen. Wir verstehen es nicht.
Für uns war es aller höchste Zeit abzuhauen. Weiter ging es mit dem Metro nach Beitou. Wir hatten zwar weniger Menschen, aber der Geruch änderten sich von Stinky Tofu in faule Eier. Dieser Stadtteil Taipehs ist nämlich für seine heißen Schwefelquellen bekannt.
Wir fuhren mit dem Bus ein Stück aus der Stadt hinaus, um den heißen Quellen ganz nah zu sein. Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell du aus der Zivilisation weg bist. Du fährst wenige Kilometer und schon stehst du mitten in der Natur. Es war schon beeindruckend, wie der dichte Dampf nach oben stieg. Hin und wieder gab es Fuß- und Handbäder. Die Temperaturen lagen zwischen 42°C und so heiß, dass man kaum reinfassen konnte.
Wir hatten nicht vor, auf der Straße zurück nach Beitou zu laufen, sondern nahmen einen Weg über einen gigantischen Friedhof direkt am Fuße des Yangmingshan Nationalparks. Sprühregen setzte ein, es wurde immer dunkler und wir hörten komische Geräusche aus den Baumwipfeln. Leider war der Blick nicht frei, aber es war irgendein größeres Tier und diesmal nicht nur ein kleines schwarzes Hörnchen. Wie wir später recherchierten, könnte es eine Schleichkatze gewesen sein. Zumindest war die Gegend mystisch, überall hangen die Wolken in den grünen Bergen, der Regen tropfte von den Bäumen und es war nichts als die Geräusche der Natur.
Der Friedhof an sich war auf Terrassen aufgebaut und lag wunderschön. So wie viele Friedhöfe. Wir mögen das ja. Komisch war nur die Vorstellung, dass die Lebenden in Schuhkartons in Hochhäusern wohnen und die Toten bekommen hier ein kleines Einfamilienhaus für ihre Urne.
Der Pfad wurde enger und unaufgeräumter. Wir mussten sogar mal unter Bambus entlangkriechen, weil der den Weg versperrte. Aber am Ende landeten wir wieder sicher auf einer kleinen Straße. Naja, wenn man solche Wege geht, was wir ziemlich oft machen, landet man meistens in einem Wohnzimmer von Menschen. Zumindest kommt man sich so vor, wenn man in irgendeinem Privatgrundstück ankommt. Aber wahrscheinlich ist es überhaupt kein Privatgrundstück, sondern hier wird halt der ganze Platz ausgenutzt.
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die Gräber |
Unsere Strecke war klar definiert, wie wir zurück nach Beitou kommen, um dort weitere Sachen, die mit den heißen Quellen zu tun haben, angucken können. Aber auf einmal stehst du auf einer Treppe, die abgesperrt ist. Was ist passiert? Erdrutsch. In Taiwan ist es ziemlich häufig so, dass aus 20 Metern 2 Kilometer Umweg werden.
Wir spazierten entlang des heißen Flusses und hier ist wirklich idyllisch, vor allem am Abend, wenn die vielen Laternen anfangen zu leuchten. Es hat was von Japan hier. Und wie klein diese Welt ist, oder wie klein Taiwan ist, hat sich heute wieder gezeigt, nachdem wir, wie bereits in Kaohsiung, auf vier Griechen trafen.
Die Sonne war lange untergegangen und für uns war es Zeit, den Tag zu beenden. Wir stiegen in den Bus. Busfahren ist immer gemütlicher als Metro fahren. Du hast einen Sitzplatz. Du brauchst zwar ein bisschen länger, aber kommst direkt ans Ziel, ohne umzusteigen. Wir warfen unsere Sachen ab und suchten das Wan Nian Building auf.
Solche Gebäude sind ein Mikrokosmos für sich. Rein theoretisch ist es ein ganz normales Haus, irgendwo in dem Stadtteil Ximeding. Du gehst rein, hast ganz viele Läden, aber die nicht voneinander abgetrennt sind, sondern eher wie Stände über zig Etagen. Und du kommst in den Keller und findest ein Labyrinth aus Essensständen und kleinen Lokalen. Heute entschieden wir uns für Indisch. Indisch geht immer und überall.
In so einer restaurantähnlichen Einrichtung bezahlt man das Doppelte als auf der Straße. Aber man kann sitzen, und das macht einen Unterschied. Wenn wir hier von dem Doppelten sprechen, ist das immer noch wahrscheinlich höchstens zwei Drittel deutscher Preise.