Wenn man an das Azorenhoch denkt, sieht man strahlenden Sonnenschein. Die Realität sieht hier aber völlig anders aus. Du musst deinen Tagesplan nach dem Wetter richten. Bloß gut gibt es Karten, Satellitenkarten mit Regen- und Wolkenradar, so dass du eigentlich immer eine Ecke der Insel findest, wo die Sonne scheint.
Leider sind diese nicht immer ganz genau. Früh starteten wir zum Lagoa do Fogo, ein Kratersee in den Bergen. Was sahen wir? Wir sahen nichts. Es brachte nichts, hier oben zu warten, bis sich irgendwann die dicke Wolkendecke verzog. Also fuhren wir wieder runter. Wir schauten nach dem Radar, was sagte, in einer Viertelstunde ist freie Sicht. Oben angekommen, das gleiche Szenario. Dicke, neblige Suppe.
Also zogen wir unverrichteter Dinge fort, entlang von heißen Schwefelquellen und Blumen, die es bei uns beim Floristen gibt (Cala Lilien und Paradiesvogelblumen überall am Wegesrand), an die Küste auf die andere Seite der Insel.
Am wohlsten fühlen wir uns wahrscheinlich in kleinen Parks mit Wasserfällen. Es ist dschungelig. Es gibt immer einen kleinen Wanderweg. Niemand ist hier. Du hörst nur das Plätschern des gigantischen Wasserfalls. Heute mussten wir sogar auf einem Damm lang laufen, um zurückzukommen. War eine rutschige Angelegenheit.
Wir besuchten die Gorreana Tee-Plantage. Tee auf den Azoren? Sehr berühmt. Nebenbei bauen sie auch noch Tabakpflanzen an und verkaufen ihre eigenen Zigaretten. Wir konzentrierten uns auf den Tee. Da gab es genug Kostproben in der Fabrik. Obwohl die Teesträucher zu der Zeit kurz geschnitten sind, war es trotzdem ein wunderschönes Bild: die grünen Hänge und dahinter das Meer.
Für uns ging es zurück auf die südliche Inselseite. Wir hielten in Villafranca do Combo, was für São Miguel schon eine ziemlich große Ortschaft ist. Und es ist alles wie ausgestorben. Man kann sich wirklich nicht vorstellen, dass das im Sommer hier anders aussehen soll. Uns ist es schon fast zu ruhig. Als junger Mensch hältst du es bestimmt nicht so häufig hier aus und siehst lieber aufs Festland nach der Lissabon.
Die bekannteste Sehenswürdigkeit in den Hängen vor der Ortschaft ist wahrscheinlich die Ermida de Nossa Senhora da Paz. Mit ihren unzähligen Stufen hat sie einen wahnsinnigen Ausblick auf die Küste vor Sao Miguel und den im Meer schwimmenden Vulkan Ilhéu de Vila Franca do Campo - ein gigantisches Naturschauspiel, was ich am besten aus der Vogelperspektive bestaunen lässt.
Wir hielten zum Einkaufen und mussten feststellen, dass die Autos auf den Azoren es mit uns nicht gut meinen. Das erste Auto hatte einen Platten. Beim neuen Auto funktionierte die Scheibenwaschanlage nicht, die wir selbst repariert haben. Und nun geht auch der Schlüssel nicht mehr. Naja, wenigstens kann man bei aller Technik noch den Schlüssel manuell ins Schloss stecken. Aber man muss da sagen, das sind die modernsten Mietautos, die wir jemals hatten. Rückfahrkamera, Navigationssystem, aller Schnickschnack, den man braucht oder nicht braucht.
Ein Blick in die Berge sagte uns, jetzt ist der Moment gekommen, wir können zum Aussichtspunkt des Lagoa do Fogo. Wir rasten über grüne Felder vorbei an Kuhherden hinauf auf fast 900 Meter Höhe und da lag er vor uns, der wunderschöne grünliche Vulkansee, eingehüllt in Nebelschleier.
Die Aussicht von hier oben ist wirklich gewaltig. Du bist in der Mitte der Insel und hast einen fast 360-Grad-Blick auf den Ozean. Sao Miguel liegt dir hier oben zu Füßen und sieht irgendwie lustig aus, denn überall ragen kleine Vulkankegel empor, so ähnlich wie die Pocken an Schiffsrumpfen.