Dienstag, 15. Oktober 2024

Der türkische Teil von Istanbul oder ein katztastischer Tag …


Genauso grandios wie die Sonne heute Morgen am Bosporus aufgegangen ist, so verschwand sie in lila Farben in den Hängen der Millionenmetropole. Es versprach also ein außerordentlich schöner Tag zu werden.






Wir stiegen in die Straßenbahn und machten uns auf zum Pierre Loti, ein wunderschönes Café in den Hügeln am Goldenen Horn, das man mit einer Seilbahn erreicht. Darunter befindet sich ein idyllischer muslimischer Friedhof, den wir uns beim Abstieg genauer ansahen. Eine tolle Aussicht hat man von hier oben – vor allem auf die Katze vor einem auf dem Tisch, aber genauso auf die Umgebung.






Wir landeten in Gebieten fernab der Touristengegenden. Hier ist Istanbul wirklich türkisch und vor allem muslimisch. Während du um das untere Ende kaum traditionell gekleidete Menschen siehst, lebt diese Gegend hier von und vor allem der mit Religion. Eine völlig andere Welt. Hier kann man sich die EU noch lange nicht vorstellen.





Wir besuchten die schönsten Ecken der Stadt, die nicht poliert sind, herzliche Menschen begegneten uns und immer wieder erlebten wir fantastische Ausblicke. Man muss sich Stadt schon sehr erkämpfen. Hat man eine steile Straße geschafft, kommt mit Sicherheit bald die nächste.




Im jüdisch und griechisch-orthodoxen Stadtteil Balat gibt es eine Reihe alter bunter Holzhäuser, nette Cafés und kleine Läden. Es ist total gemütlich hier. Die Preise sind ca. 1/3 so hoch wie in Sultanahmet. Also bezieht sich die Preissteigerung hauptsächlich auf Touristen und das ist ja auch gut so. Was allerdings Social Media anrichtet, war hier auch wieder sehr ersichtlich. Eine Gasse, die mit bunten Regenschirmen gespickt war, stapelte Menschen am Eingang, die unbedingt ein Selfie brauchten. Dabei gibt es so viel schönere Schirmstraßen als diese.





Prinzipiell herrscht in Istanbul Anarchie. In Cafés wird für 1€ ein Tee bestellt und das Gebäck packst du vom Händler zuvor aus. Roller fahren in Fußgängerzonen, Katzen liegen in den Schaufenstern und Autos parken, wo gerade noch irgendwo Luft ist. Alles nur Vorschläge, wenn irgendwo Schilder sind, wie man sich zu verhalten hat.





Wir bestiegen die steilste Straße der Welt und mussten Obacht geben nicht rückwärts runterzurollen. Im Schneckentempo laufend kreierten wir einen neuen Index – den EKK-Index: entgegenkommende Katzen pro Stunde. Die Zahl wird weit über 50 liegen. Die Stadt hat fast mehr Katzen als Einwohner. Manchmal bricht es einem jedoch das Herz. Da findet man eben auch abgemagerte Babykatzen, die noch etwas Katzenmilch gebrauchen könnten oder Tiere mit fehlenden Gliedmaßen.






Wir schlenderten weiter. Ruhestätten sind die Moscheen, welche sich zumeist in exponierter Lage befinden. Sie sind eingerahmt in ein riesiges Gartenareal mit Bänken und fantastischen Ausblicken auf das Wasser. Hier treffen sich vor allem Frauen und Kinder zum Quatschen und die Sonne genießen.




Wir entdeckten zufällig einen gewaltigen Straßenzug mit Marktständen. Hier gab es Obst und Gemüse in sagenhafter Qualität. Die Radieschen waren so groß wie Tennisbälle und der Kohl größer als alles, was es bei uns so gibt. Ist halt was anderes wie die Gemüseabteilung bei Lidl. Schade, dass wir dieses Angebot an frischen Lebensmitteln nicht haben.





Wir kamen zu einer kleinen Demo, die sich auf das neu erlassene Straßentiergesetz bezog. Alle Hunde sollen zum Beispiel gefangen werden und in Heimen gechipt und zur Adoption freigegeben werden. Ratet mal, welches Land dafür nicht genug Unterbringungsmöglichkeiten hat? Was ist die Alternative? Das kann man sich wohl denken. Zumindest protestierten ca. 50 junge Menschen. Die Polizei stand indessen mit Schlagstöcken und Schutzschildern unweit der „gefährlichen Menschenmassen.“






Die goldene Stunde begann und das Publikum wurde immer jünger. Wir befanden uns in der Gegend der Universität von Istanbul. Das Licht wurde von Minute zu Minute schöner und wir hatten nur noch ein Ziel – die Süleymaniye Moschee. Sie ermöglicht dir Istanbul direkt vor deinen Füßen ausgebreitet zu erleben.





Der Himmel wechselte von orange in lila und einem zarten rosafarbenen Ton. Auf der asiatischen Seite der Stadt leuchtete alle paar Meter etwas kräftig Orangenes, während es ringsherum dunkler wurde. Es schien, als ob sich die Sonne in den Metallverkleidungen der Minarette spiegelte, so als ob Gasfackeln in den Hängen am Bosporus emporstiegen. Was für ein surreales Bild.



18:36 Uhr zum Sonnenuntergangsgebet erlebten wir diesen einen perfekten Augenblick, den man auf Reisen in Istanbul erleben kann. Die Stadt liegt dir zum Sonnenuntergang zu Füßen und ringsherum ruft der Muezzin aus allen 3000 Moscheen zum Gebet. Wahrscheinlich ist es der gewaltigste und wunderschönste Kanon der Welt, obwohl er ziemlich aus dem Takt gerät, weil alle Moscheen in Sekundenabständen dieses Spektakel beginnen. Schöner kann ein Moment nicht sein als dieser, zu der Zeit, dort oben zu stehen.