Donnerstag, 17. Oktober 2024

Istanbul - von Himmelskörpern und anderen Gliedmaßen…


Panik. Am frühen Morgen. Ich bin einfach zu spät durch die Schranke ab der Straßenbahn gekommen. Ich stand da, die Bahn weg. Verloren in der 16 Millionen Metropole und keine Möglichkeit Kontakt aufzunehmen. 15 Minuten später hatten wir uns wieder. Telepathie funktioniert halt doch irgendwie.




Heute waren wir müde. Der gestrige Tag hat viel abverlangt. Wir wollten auf einen Markt. Aber eben etwas anderes als das, was für Touristen im Großen Basar geboten wird. Also weit raus aus dem Altstadtkern dorthin, wo Einheimische einkaufen.




Wenn man jetzt annimmt, dass die ganze gefälschte Ware nur für Touristen in der City drapiert wird, täuscht sich gewaltig. Die Türken selber kaufen und tragen Gucci, Prada bzw. alles, was Rang und Namen hat in der Modebranche. Jedoch für ein Zehntel des Preises und der Qualität.





Das Angebot war riesig und das Flair unbeschreiblich türkisch. Zigarettenrauch und der Duft von Frittierfett schwebten über allem. Hinzu kamen die Geräusche der Marktschreier. Menschen türmten sich vor Wühltischen, wo jeder Artikel einen Euro kostete. Tatsächlich konnte man aber auch wirklich etwas Brauchbares finden, was kein Label trug. Eines scheint seit der hohen Inflation ausgestorben zu sein. Handeln ist hier kein Thema mehr. Nun gibt es Festpreise.





Haben wir jemals erwähnt, wie nett die Menschen hier in Istanbul sind? So zum Beispiel heute wieder. Wir setzten uns auf Plastikstühle und bestellten am Imbiss Gözleme (gefüllte Yufateigfladen). Bis das Essen an den Tisch kam, waren es anstatt 3 Minuten eben fünf. Da der Tee in der Zeit kalt geworden war, nahm der ältere Herr den halben Becher mit und brachte uns neuen mit genau dieser Begründung.





Wir stiegen in die zum Brechen volle Straßenbahn, um zurück nach Sultanahmet zu fahren. Seit Japan und unserem Zugunfall können wir solche Sachen nicht mehr gut. Bei jedem Rattern oder scharfen Abbremsen steigt bei uns innerlich die Panik hoch. Aber wir sind natürlich wohlbehalten im Hotel zu einer Pause angekommen.




Istanbul im Hotelbett verbringen? Die Vorstellung klang gut, ist aber trotzdem unvorstellbar. Also nichts wie raus unter Menschen. Wenig später befanden wir uns in einer unfreiwilligen Lehrstunde in einer islamischen Schule und mussten aus dem Koran lernen, wie Allah den Führer des kleinen Museums erschaffen hat. Also vor allem seine Nase und seine Ohren. Klingt verrückt. War es auch.






Istanbul versinkt indessen im Verkehrschaos. Eigentlich ist es ratsam die Stadt mit Arbeitsschuhen zu bereisen. Wir warten jeden Tag darauf, dass Stahlkappen uns vor der Notaufnahme gerettet hätten. Hier läuft man nämlich mit den Autos, Motorrädern und Katzen zusammen Zickzack auf den Straßen. Gehupt wird übrigens auch, wenn die Polizei mit Blaulicht den Verkehrsfluss stört.




Wir saßen zum Sonnenuntergang im Innenhof der Süleymaniye Moschee. Tausendmal spiritueller als die Geschichte mit den Ohren und Nasen. Wir gingen nach draußen und sahen den gewaltigen Mond, der sich zwischen den Wolken genau über der Camlica Moschee zeigte. Was für ein Fotomotiv. Ich war schon sehr neidisch über den Herrn neben mir mit einer Brennweite von 600 mm und einem Stativ. Sein Bild sah fantastisch aus.