Donnerstag, 17. Oktober 2024

Gigantisch unterwegs in Istanbul …


Am Kreuzfahrthafen des Bosporus liegen nunmehr drei Schiffe an. Während wir daran vorbei schippern und die Aufschrift Lebenslust lesen, müssen wir lachen. Wir tauschen gern diesen Luxusdampfer mit Galabüfetts gegen die alte Holzfähre und türkischen Tee. Das ist für uns Lebenslust.






Wir fuhren also erneut nach Kadiköy, ein Stadtteil auf der asiatischen Seite Istanbuls. Hier drüben ist es ziemlich westlich und nicht zu vergleichen mit dem bunten Markttreiben von Sultanahmet oder Faith. Hier gehören selbst die Hunde wieder Menschen und laufen an Leinen.




Was Kadiköy noch besitzt, sind eine Reihe wunderschöner Murals über ganze Häuserwände. Deswegen sind wir hier, im Zickzack durch die Stadt zu laufen. Ab und zu kamen wir an wunderschönen Parks am Wasser entlang, bestaunten hippe Cafés und die Katzendichte war hier außerordentlich hoch. Als wir ein paar Brekkies verteilen wollten, kam eine Frau und gab uns einen kleinen Behälter. So groß ist die Liebe für die Tiere.





Wir suchten uns einen Bus, der laut Google aber keine Nummer hat. Also schwer zu finden ist. Ein kleines Minifahrzeug hielt und wir hofften, dass wir richtig sind. Komischerweise saßen wir genau dort, wo wir sein sollten und düsten, im Eiltempo in die nördlichen Stadtgebiete.




Von weitem sahen wir bereits den Camlica Tower, den neuen Fernsehturm Istanbuls. Er ist mit 369 Metern das höchste Bauwerk der Türkei. Ab hier hatten wir es uns zur Aufgabe gemacht die drei Sehenswürdigkeiten zu besuchen, die man von überall aus der Stadt sehen kann: der Camlica Tower, der Camlica Hill mit dem gewaltigen Fahnenmast und die Camlica Moschee.




Klingt erstmal sehr einfach, aber alle drei stehen auf Hügeln, die man rauf und wieder runter muss. Istanbul ist generell kein einfacher Spaziergang und die 100 Etagen (ca. 300 Höhenmeter), die wir am Tagesende gelaufen sind, spüren wir wahrscheinlich noch Tage später. Der Vorteil ist, dass man stets eine wunderbare Aussicht hat.





Als erstes überkletterten wir eine Barrikade und landeten vor einem alten fast eingestürzten Café. Daran hoch ging eine Treppe, die ihre besten Zeiten schon vor 40 Jahren hinter sich hatte. Das Metall war verrostet und kaum noch begehbar. Wir versuchten es. Aber manchmal ist die Vernunft dann doch größer.





Wir entdeckten einen anderen Weg nach oben und landeten zum Mittagsgebet auf einer kleinen Aussichtsterrasse mit Picknickbank. Diese Bänke gibt es übrigens in so jedem Park der Stadt. Und sie werden auch genutzt. Man nimmt Platz und wenig später umzingeln dich fünf Katzen.




Das Areal um den Turm ist wunderschön gestaltet und man bekommt dort unter einem Pavillon guten Kaffee. Das Ambiente, wie von tausend und einer Nacht. Auf den Turm sind wir nicht gegangen. Erstens war die Sicht heute nicht so prächtig und zweitens sind auch hier die Preise völlig überzogen. Die Einheimischen hingegen bezahlen nur 1/3. Richtig so.





Wir erklommen den nächsten Berg. Bereits von weitem wehte uns der gigantische Fahnenmast entgegen. Er hat eine Größe von fast 1000 Quadratmetern. Oben auf dem Berg waren hunderte Schulkinder, die kreischend den Park und die Imbissstände belagerten. Also nichts wie weg.





Man braucht sich in der Stadt sehr oft nur einmal um seine eigene Achse drehen und befindet sich in völliger Ruhe. So auch in den Gärten der Camlica Moschee, auf die wir nun zusteuerten. Als wir das letzte Mal hier waren, stand gerade mal die Außenhülle. Ringsherum war immer noch eine große Baustelle.





Heute hat die Moschee Platz für 63.000 Gläubige und ist damit die größte des Landes mit einer Gesamtfläche von über 57.000 Quadratmetern. Die Hauptkuppel hat eine Höhe von über 70 Metern, die Minarette sind mehr als 100 Meter hoch. Da der Bau staatlich initiiert wurde, stieß er auf Kritik zur Islamisierung der Gesellschaft. Aber was hier in und um die Moschee entstand ist gewaltig.




Die Moschee selbst hat zwei Stockwerke. Von oben hat man einen wundervollen Blick auf den gigantischen Teppich, der 17.000 Quadratmeter misst. Der Kronleuchter wiegt alleine 7 Tonnen und wird von 8 Stahlseilen getragen. Überall ist Buntglas in den Fenstern verbaut und Säulen mit Mosaiken verkleidet.





Es gibt Aufzüge, im Außenbereich Rolltreppen, eine Tiefgarage, Konferenzräume unterhalb der Moschee, ein eigenes Solarfeld und nun wird auch noch eine U-Bahn Anbindung gebaut. Die Gegend Camlica ist in den 6 Jahren unserer Abwesenheit ein neuer Stadtteil geworden. Hunderte Mehrfamilienhäuser sprießen wie Pilze aus dem Boden. Gigantisch. Wir genossen und staunten einfach. Was für ein schönes Bauwerk.





Es war Zeit für uns zum Bosporus abzusteigen. Nun ja, man denkt man geht bergab. Aber es dauert nicht lange und man quält sich wieder einen Hügel nach oben. Langsam begann die goldene Stunde und zauberte die erste Bosphorusbrücke in ein warmes Licht. Wir spazierten durch Parks mit Hängebrücken, liefen an der Uferpromenade entlang, streichelten Hunde und waren völlig kaputt.






Nach über 28 km bergauf, bergab erreichten wir den sicheren Hafen von Üsküdar. Wir brauchten dringend etwas zu essen. Wir nahmen auf einer Dachterrasse Platz und genossen die untergehende Sonne am Bosporus. Keine 5 Minuten später schallten alle Moscheen der Umgebung. Wir saßen direkt neben einer. Fantastisch. Und im Restaurant wurde sogar die Musik ausgestellt. In Bosnien lief zu der Zeit der Balkan-Euro-Dance weiter.






Wir schleppten uns an der Uferpromenade Richtung Leanderturm, der mitten im Wasser steht. Während „Mein Schiff“ wie ein Weihnachtsbaum beleuchtet Richtung Marmarameer abdriftet, fuhren riesige Containerschiffe gruselig in die Meerenge hinein. Was daran gruselig war? Sie waren schwarz wie die Nacht und hatten nur ein winzig kleines grünes Licht an. Bei dem Verkehr hier auf dem Wasser muss man wohl gut navigieren.