Über Nacht ist es Herbst in Istanbul geworden. Wind, fliegende bunte Blätter und Menschen mit dicken Jacken. Warm wird uns hier jedoch ganz schnell werden, denn wir sind jeden Tag ca. 25 km zu Fuß unterwegs. Erstmal stiegen wir aber in die Straßenbahn und waren froh, dieses Mal gemeinsam einzusteigen und auch anzukommen.
Wir liefen die große Unabhängigkeitsstraße Richtung Taksim Platz und waren froh uns am Morgen mal nicht durch Menschenmassen durchschlängeln zu müssen. Die neuerbaute Moschee auf dem Platz versprühte indessen einen herrlichen Duft von Rosen aus großen Aromadiffusern.
Wir setzten uns auf eine Bank, holten uns bei einem Mann, der mit zwei Thermoskannen unterwegs war, einen warmen Tee und schauten den Touristen beim Selfie machen zu. Das hat sich bis jetzt immer noch nicht verändert. Überall wird sich davorgestellt, irgendeine komische Beinstellung gemacht, dass Gesicht verzogen und dann das Handy draufgehalten. Wenn man sich dann mal die Bilder anschaut, sind Füße abgeschnitten und 1000 andere drauf. Wem es gefällt ?!
Wir besuchten das Kulturzentrum und seine wunderschöne Bibliothek. Auch hier musste man, wie an vielen Orten der Stadt, durch einen Sicherheitsbereich mit Scanner und Security. Dies erlebt man nun fast überall in so vielen Ländern. Am heftigsten waren die Kontrollen an der Klagemauer. Da sind wir einmal fast gar nicht hineingelassen worden. Terrorismus ist überall allgegenwärtig.
Es scheint, als ob die Straßentiere hier durch den Lärm eine Hörbeeinträchtigung haben. Sie erschrecken so häufig, wenn man sich ihnen nähert. Das ist kein Wunder. Katzen haben hier einen Sonderstatus, wie bereits erwähnt. Sie bekommen Fressen, es liegen überall, auch staatliche, Katzenhäuser verteilt und sie werden immer gestreichelt. Hunde hingegen sind einfach da. Sie gelten als unrein und ernähren sich höchstwahrscheinlich von Essensresten. Sie sollen ja auch eben im Zuge des neuen Gesetzes von der Straße verbannt werden. Das nennt man Rassentrennung.
In der Stadt schallen überall die Freitagsgebete. Wir liefen in höhere Stadtteile und nahmen die kurze Seilbahnstrecke über den Macka Park, um in irgendeinem Nobelviertel in Besiktas zu landen. Bei Prada und Louis Vuitton haben selbst die Katzen keinen Zutritt mehr.
Überall laufen operierte Menschen rum. Entweder sind Nasen gerichtet worden, aber vor allem sind es Männer mit Stirnbändern. Warum tragen die das? Weil nach der Haartransplantation die Schwellung ins Gesicht fallen könnte. Istanbul ist wohl die Hauptstadt der Schönheitsoperation. Auf den Rückflügen nach Deutschland sieht man dann immer nur Stirnbänder in den Sitzreihen sitzen.
Besiktas ist ziemlich hübsch mit netten Cafés, zumindest der Teil am Hafen, fernab der Luxuslabel. Da gibt es sogar Straßenzüge, die nur türkisches Frühstück anbieten, was man den ganzen Tag essen kann. Was ist das Besondere daran? Es wird dir in unzähligen kleinen Schüsselchen serviert.
Wir liefen zu einer der schönsten Moscheen der Stadt, die direkt am Ufer des Bosporus liegt, die Ortaköy Moschee. Leider ist sie dem Tourismus zum Opfer gefallen. Imbisse, Restaurants und Souvenirläden bedecken nun den gesamten Vorplatz. Wir blieben nicht lang und machten uns auf zu unserer schönsten Schifffahrt der bisherigen Reise.
Die goldene Stunde läutete ein. Wir fuhren entlang der großen Paläste, wo gerade eine Millionenhochzeit stattfand. Möwen flatterten aufgeregt am Heck des Schiffes. Überall kreuzten Fähren den Weg und der Bosporus glich einer vollgestopften Stadtautobahn. Obendrauf legte noch die MS Oosterdam auf den Weg in das Mittelmeer ab. Majestätisch zog sie an unserer Nussschale vorbei.
Wir landeten am Anleger in Eminönü und genossen das tolle Licht und die weniger werdenden Menschen im Gülhane Park, während die wunderschönen grünen Mönchsittiche über unsere Köpfe flatterten. So auch während des Maghrib im Vorplatz der Blauen Moschee. Erst als der Muezzin durch die Lautsprecher hallte, gaben sie ihren Ruheplatz an den Löchern der Minarette auf.