Für uns war bereits 4.45 Uhr die Nacht zu Ende. Denn wir mussten zeitig los, um den Zug in 50 km Entfernung zu bekommen. Die einzige Möglichkeit war es ein Uber zu nehmen. Das ist relativ einfach. Du siehst genau auf dem Handy, wann das Auto angefahren kommt. Du steigst ein und bezahlt ist alles bereits. Unsere nette Gastgeberin von unserem B&B ist extra zeitig aufgestanden, um uns die Tür aufzuschließen, Kekse mitzugeben und uns zum Abschied zu winken.
Irgendwie ist es immer noch befremdlich, aber hier völlig normal. Unsere Fahrerin stieg mit Gummihandschuhen und Maske aus dem Auto aus. Maske tragen hier ziemlich viele. Naja, nun kennen wir es ja auch. So sitzen wir also in einem asiatischen Hightech-Autos, voll ausgestattet mit Kameras und düsen durch die halbe Nacht am Meer entlang.
Fangliao ist das Wasserapfel- und Mangoanbaugebiet. Selbst die Bänke sind aus diesen Früchten gestaltet. Es gab einen ersten zutraulichen Hund. Vor ein paar Tagen haben wir versucht einen zu streicheln, aber der hat sofort seine Zähne gezeigt. Die Anzahl der Hunde ist übrigens nach Süden zunehmend. Dafür ist die Anzahl der Obdachlosen nach Süden hin abnehmend. Wir holten uns taiwanesisches Frühstück an einem Straßenstand und sprangen in den Zug.
Das Frühstück war irgendwie völlig umsonst. Du bist gar nicht zum Essen gekommen, sondern nur zum Staunen, Fotografieren und Filmen. Rein in den Tunnel, raus aus dem Tunneln und immer wieder fantastische Ausblicke auf die grünen Berge. Binnen kürzester Zeit überquerten wir einmal die Insel und landeten direkt mit dem Zug am Meer.
Sehr witzig war die Instruktion für westliche Toiletten. Hier in Taiwan gibt es nämlich sehr oft Stehklos und da braucht es schon eine Bedienungsanleitung im Zug, wie man eben Toiletten mit Klosett benutzt. Ähnlich hightech-mäßig ist unsere Toilette im heutigen Hotel. Sie leuchtet blau, hat eine Fernbedienung, und ich glaube, man braucht eigentlich einen Führerschein dafür.
Beim Ausstieg aus dem Zug redete mich eine Japanerin an, die uns irgendwo in Kaohsiung schon mal gesehen hat. Wir sollen wohl auffällig sein, weil unsere Kleidung so abgestimmt mit unseren Rucksäcken aussieht. Erst dann ist es uns selbst aufgefallen. Und weil halt nicht viele Menschen hier sind, die so aussehen wie wir. Kaohsiung ist übrigens mindestens 4 Stunden Fahrt entfernt.
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Mochi Laden |
Nach drei Stunden durch die wundervolle Natur Taiwans landeten wir in Hualien. Dort holten wir unseren Mietwagen ab. Es war schon sehr aufregend aus der Stadt rauszufahren. Schließlich ist sie asiatisch. Aber die Rollerdichte ist hier relativ gering, sodass da schon mal nichts passieren kann.
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Tarokko Nationalpark |
Die Verkehrsführung ist, sagen wir mal, gewöhnungsbedürftig. Es fehlt irgendwie an Verkehrsschildern oder zumindest welchen, die man deuten kann. Und die Ampelanlagen haben mal Pfeile oder mal nur grün. Man weiß eigentlich nie so richtig, wann man überhaupt fahren darf.
Wir passierten riesige Verkaufspaläste, die Mochis anboten, komische Gebäude mit Märchenschloss-Türmen, und in weiter Ferne zeigte sich langsam der Taroko-Nationalpark. Dies war eigentlich auch der Grund, warum wir auf diese Seite von Taiwan gefahren sind.
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Erdbebenschäden |
Ich sage war, denn am 3.4. dieses Jahr gab es das größte Erdbeben Taiwans seit 1999. Seitdem ist der Nationalpark unpassierbar. Alle Trails sind gesperrt. Wir sind jedoch noch zum Visitor Center gekommen und haben dort erfahren, dass man wieder durchfahren kann, aber es bestimmte Zeitslots dafür gibt. Leider verpassten wir genau diesen. Denn man muss auch wieder zurückkommen. Anhalten darf man nirgends.
Vielleicht war es auch besser so. Schließlich wurde immer noch vor Erdrutschen und Steinschlägen gewarnt. Die Nachbeben gibt es auch heute noch. Das komplette Ausmaß sahen wir, nachdem wir die Küstenstraße weiter nach Norden fuhren und in den großen Klippen des Qingshui Cliffs landeten. Dort sind riesige Felsbrocken runtergekommen und alles wird wieder hergerichtet und gesichert. Das ist schon acht Monate her und es sieht immer noch aus, als wäre es gestern passiert. Natürlich waren sämtliche Aussichtspunkte gesperrt und so konnte man keine Bilder machen.
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das Müllauto kommt |
Da bist du in einem hoch erdbebengefährdeten Gebiet, wo noch alles nach Erdbeben aussieht. Da bist du in einem Tunnel und es fängt ein Lautsprecherdurchsage komische Ansagen zu machen, die du nicht verstehst. Dann gehen Alarme an und du denkst jeden Moment fängt die Erde an zu beben. Wir wissen nicht, was da los war. Es war beängstigend.
Wir fuhren zu unserem Hotel, warfen ab, um dann noch ein bisschen was von Hualien zu entdecken. Irgendwie ist der ganze Tag finster. Das Auto ist total getönt, das Hotel hat getönte Fensterscheiben und draußen kein einziger Sonnenschein. Es ist abends auch mächtig kalt geworden, mit 14 Grad Celsius. Hualien ist trotzdem irgendwie interessant. Wenn wir die ganze Zeit Städte mit anderen Städten vergleichen, passt die hier in keine Schublade.
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Reste vom Taifun |
Du hast eine gigantische Uferpromenade, die ziemlich gebeutelt durch die vielen Taifune ist, die ziemlich häufig in den letzten Monaten auf die Ostküste trafen. Und das wirklich Spannende ist, dass der ganze Strand voll mit Treibholz ist, was durch eben diese Taifune angespült worden ist. Es sind mittlerweile wohl 13.000 Tonnen Holz.
Normalerweise darf man kein Treibholz vom Strand entfernen. Jetzt sind die Bewohner aber aufgerufen, sich mitzunehmen, was sie möchten. Andere machen Kunst daraus. Überall findet man aus Treibholz gestaltete Hühner, Krabben und so weiter. Es ist fantastisch und so eine surreale Landschaft.
Wir suchten noch den großen Nachtmarkt der Stadt, der bis jetzt irgendwie der schönste ist, weil es endlich mal Sitzplätze und Mülleimer gibt. Nur das Wetter ist windig und kalt. Spektakulär war auch an diesem Abend der große Aufmarsch des Müllfahrzeugs. Es war ein Riesenspektakel, wie die Menschen mit ihren Mülltüten, wie kleine Ameisen auf die Plaza liefen und gespannt dem Müllmann entgegenfieberten.