Sonntag, 29. Juni 2025

Achterbahn über dem Ozean …

Zwischenstopp in Dänemark 


Es ist 23:30 Uhr und wir befinden uns mitten auf dem Nordatlantik auf einer Fähre. An Schlaf ist nicht zu denken. Muss es auch nicht, denn es ist taghell. Nach über 35 Stunden auf dem weiten Ozean erspähen wir Land in der Ferne. Majestätisch ragen übrig grüne Berge empor, während der Ozean sich in einem monotonen Graublau vom Himmel nicht abzuheben scheint. Wir sind also da, die Färöer Inseln. 



Der Weg hier her war lang, unsicher und von vielen Ergebnissen gekennzeichnet. Das Gefühl für die Reise auf der Titanic war zum Greifen nah. Die Eisberge fehlten jedoch. Wir hatten ein anderes Problem und das waren Wellen und Wind. Einen Großteil verbrachten wir im sicheren Bett, ohne Übelkeit und Schwindel. 


Aber nun von vorn. Über 1000 Kilometer lang war die Strecke bis zum Fährhafen nach Hirtshals in Dänemark, welche wir uns in zwei Abschnitte aufteilten. Wir waren froh Dänemarks Autobahn erst am nächsten Tag zu befahren, denn gefühlt waren fast die gesamten 300 km Baustelle. Das Schwierigste in Dänemark sind jedoch nicht die Unterbrechungen des Verkehrsflusses. Viel wichtiger ist es, sich an die Parkordnung zu halten. Steht man nämlich mit den Reifen auf der weißen Markierung drohen bis zu 120€ Strafe. 


Endlich waren wir am Meer angekommen. Hirtshals begrüßte uns mit gähnender Leere und Tristigkeit. Vielleicht trug der ausbleibende Sonnenschein dazu bei. Wir hatten so und so keine Zeit auf das Wetter zu achten, sondern mussten noch ein paar wichtige Besorgungen erledigen. Schließlich würden wir die nächsten 1,5 Tage auf der Fähre verbringen. 


Pünktlich 12:30 Uhr kamen wir zeitgleich mit der MS Norröna im Hafen an. Was für ein gewaltiges Schiff: 165 m lang und 30 m breit. Im Gegensatz zu einem Kreuzfahrt wahrscheinlich eine Minivariante. Innerhalb von 45 min war das Schiff so leer geräumt, dass wir schon wieder drauf konnten. Massenweise Container wurden vorab entladen. Für die Inseln sicherlich ein wichtiges Verkehrsmittel für den Gütertransport. 


Wir stellten unser Auto ab und suchten unsere Kabine auf. Sachen abstellen und Schiff erkunden bevor es losgeht. Die Norröna ist ein großes Museum. Nicht weil das Schiff so alt ist, sondern die Wände mit der Geschichte der Färöer Inseln in Bildern und Texten gestaltet sind. Nebenher gibt es gemütliche Sitzecken, Restaurants, Bars, Cafés und sogar eine kleine Bibliothek. 



Wer Kreuzfahrtfeeling möchte findet noch einen kleinen Pool im Unterdeck, einen Raum mit Computerspielen, einen Fußballplatz, einen großen zollfreien Laden und jede Menge Unterhaltung an Bord. Langweilig dürfte es den Passagieren hier wohl kaum werden. 


Gegen 18:30 kamen wir an Deck, während 3 Alarmtöne schrillten. Sofort kamen Teile der Crew an die Reling und schauten aufs Meer. Die Norröna bremste scharf ab und machte indessen eine große Kehrtwände. Auch zwei Stunden später setze sich dieses Szenario fort, jedoch schauten alle Passagiere hinaus auf das Wasser - Mann über Bord!


Eine Weile, nachdem wir mitten auf der Nordsee stoppten, rief der Kapitän auf, dass sich die Passagiere mit an Deck begeben sollten, um zu suchen, was nach mittlerweile einer Stunde wohl unmöglich war. Selbst die Wärmebildkameras konnten in dem eisigen Wasser wohl nichts mehr ausrichten. Dann kam die Seenotrettung, wahrscheinlich aus Norwegen. Wir hätten nie gedacht, dass ein Helikopter so viel Fassungsvermögen Treibstoff hat. Er kreiste mehr als eine Stunde über dem Meer. 


21 Uhr setzten wir unsere Fahrt fort, ohne jemanden gefunden zu haben. Anscheinend ist die ganze Sache ein Fehlalarm gewesen, weil jemand einen alarmgesicherten Rettungsring über Bord geworfen hat. Es wurde nämlich jeder aufgerufen sich zu melden, wenn er jemanden nicht an seiner Seite hat. Dann wurde die  Passagierliste nach Einzelpersonen durchgegangen. Anscheinend waren tatsächlich noch alle registrierten Personen auf dem Schiff. 


Für uns war es Zeit zum Schlafen. An Dunkelheit war nicht zu denken. Sobald wir Norwegen hinter uns ließen wurde das Meer immer rauher. Die Sonne schien und wir machten uns am Morgen auf das Deck. Du musstest wirklich alles festhalten, deine Mütze und deine Reisepartnerin. Einmal kam so eine heftige Böe, dass wir nicht mehr zum Stehen kamen. So schnell geht es also doch unfreiwillig von Bord zu gehen. Dennoch wollten wir unbedingt einen dieser Whirlpools auf dem 7. Deck testen. Sie werden mit Meerwasser gespeist und mit der Hitze des Schiffsmotors auf ca. 38 Grad erhitzt. Da liegst du einfach so, mitten auf dem Ozean, mit einem Bier der Färöer in einem heißen Pool. 

Wir drehen. 

Wärmebildtechnik


Ab Mittag war es wirklich vorbei mit der Idylle. Ich staune, dass in unserem Zimmer nicht ein einziger Gegenstand umgefallen war. Hätten wir uns nicht ins Bett gelegt, wären wir es wohl gewesen. Das Schiff nahm eine meterhohe Welle nach der anderen. Hoch, runter, links, rechts. Man war uns übel. 


Am Abend und mit Übergang in den Nordatlantik beruhigte sich das Wetter und eben auch das flaue Gefühl im Magen. 1,5 Stunden vor Ankunft musste man aus seiner Kabine. Als wir das Zimmer verließen, waren bereits neue Handtücher und Bettwäsche in Reihe gelegt. Man durfte sogar schon sein Gepäck aufs Autodeck bringen. Allerdings war das für manche eine böse Überraschung. Eine gesamte Reihe auf unserem Deck war auf das Auto davor aufgefahren. Entweder hat jemand die Handbremse vergessen zu ziehen oder der Seegang hat die tonnenschweren Autos ausgehoben und nach vorn gedrückt. 


Wir gingen an Deck. Langsam nahmen die dunkelgrünen Berge Gestalt an. Lichter waren zu sehen. Es mischten sich immer mehr Farben in die Szenerie. Wir entdeckten bunte Holzhäuser am Ufer. Da sind wir nun - in Torshavn, der Hauptstadt Färöers.