Montag, 9. Oktober 2023

Kasbegi Mountains - Knocking on heavens door…

Jvari Kloster 


Heute mussten wir bereits 7 Uhr zur U-Bahn, denn wir trafen uns sehr zeitig mit unserem Tourguide am anderen Flussufer. Dort stiegen wir mit 8 anderen Leute aus Polen, Australien, Vietnam, Indonesien und Österreich in einen Kleinbus, um in den Kaukasus aufzubrechen.


 






Wir fuhren ca. 150 km nach Norden auf der sogenannten Militär Straße. Die war voll mit Transitverkehr nach Russland. Lkw stapeln sich hier und kommen aus Usbekistan, der Türkei, Armenien, Aserbaidschan oder eben Georgien und möchten bzw. müssen ins Nachbarland. Am Tagesende werden wir 12 km von dieser Grenze entfernt den Rückweg antreten. 

 


Zhinvali Stausee 





Umso höher wir in die Berge kamen, umso schwieriger wurden die Straßen. Bei guten Wetterverhältnisse benötigen die LKWs ca 1-2 Tage nach Russland. Die Einreise ist auf 12 Stunden begrenzt und die Polizei regelt den Verkehr insofern, dass mitten auf der Strecke in großen Kolonnen gehalten werden muss bis man ein Zeichen bekommt weiterzufahren. Im Winter benötigen die Fahrer aufgrund der Glätte bis zu zwei Wochen nach Russland. 

 




Ananuri Festung 



Dementsprechend risikoreich war der Fahrstil an diesem Tag. Wenn LKW an LKW sich Serpentinen hochschlängelt, muss man jedes Fenster eben nutzen oder man versucht halt mit drei Fahrzeugen auf der Straße zu fahren. Überholt wurde auch vor Kurven ohne jegliche Einsicht in den Gegenverkehr. Es war der Horror. Aber es kam noch schlimmer. 

 






Wir hielten am ersten Stopp, dem Jvari Kloster, hoch über dem Zusammenfluss zweier Flüsse. Von hier hatte man eine fantastische Aussicht auf die umliegende Landschaft. Auf dem weiteren Weg erklärte uns Gigi, wie Georgier die Militärpflicht, die zwischen 18. Und 27. Lebensjahr besteht, umgehen. Vor allem fangen sie ein Studium an und haben dann mal schnell ein paar Bachelorabschlüsse. Oder sie bekommen Kinder, dass sie 2 Jahre lang vor dem Einzug schützt. Die dritte Variante ist, dass sie eine eigene Religion gründen und Priester werden, die ebenfalls nicht verpflichtet werden dürfen. 

 






Der Durchschnittsgeorgier verdient ca. 1200 USD. Bereits Alex erwähnte das man sich das Leben hier eigentlich kaum noch leisten kann. Die Preise in Kutaisi waren zwar etwas geringer, aber wenn man hier Essen gehen möchte, ist es nicht billig. Auch die Benzinpreise müssen in die Höhe geschossen sein, so wie überall – hier jedoch von ca. 90 Cent auf 1,15€. 




Friendship monument 


Wir wurden auch darüber informiert, dass Georgier sich selten streiten in einem Gespräch, sondern dass die Sprache so rau ist, dass es sich für andere anhört als wäre es ein großer Konflikt. Ja, das stimmt wohl. Für uns ist es schimpfend und übermäßig laut. 

 






Neben den LKWs mussten wir uns durch große Kuh-, Schaf- oder Ziegenherden kämpfen. Dann kommt der Verkehr völlig zum Erliegen. Wir hielten am Aussichtspunkt des Zhinvali Staudamms, bevor wir die Ananuri Festung besuchten, die ebenfalls idyllisch am Stausee liegt. Dort waren sehr viele Hundewelpen, die teilweise Deformierungen an den Läufen hatten, weil sie wahrscheinlich angefahren wurden. Sehr traurig. 



Stepandzminda


Gergetier Dreifaltigkeitskirche


Wir gingen zusammen essen. Es war eine wirklich lustige Runde, vor allem als noch der ChaCha auf den Tisch kam, was Traubenschnaps ist, ähnlich Krappa. Eines verband uns alle: das Reisen. Nicht viele sind in diesem Land Individualtouristen und kaum jemand fährt, wenn er zu reisen beginnt nach Georgien. Das heißt wir haben alle schon eine Menge Erfahrung. Spitzenreiter war Wang aus Vietnam mit 90 Ländern. Aber sein Reisestil ist eher einfallen, Fotos machen und wieder ausreisen. Aber es gab viel zu erzählen. An Deutschland fasziniert viele die unbegrenzte Geschwindigkeit auf Autobahnen. 

 






Wir befanden uns bereits auf über 2000 Metern Höhe. Um uns herum standen jedoch noch ein paar 4000er. Und natürlich der majestätische schneebedeckte Kazbek mit 5054 Metern. Er ist damit nur der achthöchste Berg des Kaukasus. Der höchste ist der Elbrus mit über 5600 Metern. Gigantisch ist es allemal. Vor allem am Friendship Monument, ein Denkmal, was 1983 durch die Sowjetunion (russischer Teil) errichtet wurde und die Freundschaft beider Gebiete teilen soll. 25 Jahre später stehen beide im Krieg bezüglich der Regionen Südossetien (an dessen Rand befanden wir uns) und Abchasien. 

 






Wir kamen nach Stepandzminda und besuchten die wohl fotogenste Kirche überhaupt, aufgrund ihrer geografischen Lage: die Gergetier Dreifaltigkeitskirche, die auf einem „kleinem“ Gipfel steht, umliegend der große Kaukasus. Hoch darf man nur mit zertifizierten Fahrzeugen. Es ging Serpentinen steil bergauf in einer rasenden Geschwindigkeit und einer Hand am Handy kamen wir bei der Kirche an. Das Panorama war überwältigend und es ergaben sich wunderschöne Fotomotive, unter anderem wieder eine Hochzeit. 

 






Auf dem Rückweg war ich der Annahme, dass unsere letzte Stunde geschlagen hat. Da war der Hinweg ja noch human. Handy, Fußgänger, Hunde, Haarnadelkurven, keine Gurte – jeden Moment musste das Auto ausbrechen und die Attrappe einer Leitplanke durchbrechen. Wie ein Wunder kamen wir heil wieder in Stepandzminda an. 

 




Wir hielten noch bei einem Hotel mit einer gigantischen Terrasse und Blick in die Berge. Endlich Erholung bei einer guten Tasse dicker, heißer Schokolade, bevor es fast 4 Stunden zurück nach Tbilisi ging. Warum so lange? Weil die Straße voll war. Der Fahrstil wurde immer schlimmer und irgendwann machten wir nur noch die Augen zu und sangen alle lautstark die Musik mit, die Gigi durch den Bus schallen ließ, um es irgendwie zu überleben. Drei Kreuze – wir kamen heil in Tbilisi an und das zeigte heute wirklich fahrerisches Können.