Dienstag, 30. Dezember 2025

Sri Lanka - die Metamorphose Ellas …


Nun haben wir bereits die dritte ziemlich schlaflose Nacht hinter uns. Dieses Mal waren die Mäuse nicht in unserem Zelt, dafür auf dem Dach. Sobald die Sonne aufging, verschwanden die Racker wieder. Es war aber auch wundervoll, das Hochland erwachen zu sehen. Auf der unterhalb liegenden Straße war es noch erstaunlich ruhig, und man hörte unzählige Vögel von nah und fern zwitschern. Na ja, dann war es eben Zeit zum Aufstehen.



Die Aussicht beim Frühstück an diesem Morgen auf den Ella Rock ist eigentlich unbezahlbar und trotzdem ist sie es nicht. Für gerade einmal 41 Euro, inklusive eines Frühstücks, das kaum zu schaffen war und locker für zwei weitere Personen gereicht hätte. Einer hat es uns allerdings nicht gegönnt: Ein Hörnchen setzte zum Sprung an und wollte uns unseren Paratha klauen. Es ist wirklich alles noch genauso wie vor sieben Jahren.


Wir packten unsere Sachen und machten uns auf eine rund zehn Kilometer lange Wanderung entlang der Hügel rund um Ella. Es war toll, durch die höher gelegenen Wohngebiete zu laufen. Wahnsinn, wie viele hübsche Gästehäuser und Restaurants es rund um den Ortskern verteilt gibt. Hin und wieder streunten Hunde durch die Gegend.



Wir kamen zu dem Highlight der Gegend. Wenn Menschen Sri Lanka mit etwas anderem als Stränden oder Elefanten verbinden, dann mit der Nine Arches Bridge in Ella. Neun Rundbögen spannen sich über ein tiefes Tal. Besonders ist der Moment, wenn ein Zug darüber fährt.



Aufgrund der Überschwemmungen Ende November und der Zerstörung von bis zu 70 Prozent des Schienennetzes in Sri Lanka fährt derzeit allerdings nur ein einziger Zug, zweimal am Tag. Ein Teil der Strecke wurde in Windeseile wieder repariert. Es ist Wahnsinn, was hier gerade an Aufbauarbeit geleistet wird.


Genau zu der Uhrzeit, zu der der Zug von Badulla nach Ambewela fährt und Ella passiert, standen wir hoch über der Brücke und waren, trotz allem Trubel, irgendwie ergriffen. Es hat wirklich eine Symbolkraft, dass Sri Lanka nichts erschüttern kann.



Während über uns unzählige Drohnen durch die Luft surrten, machten wir Fotos aus zig verschiedenen Blickwinkeln auf die Brücke. Natürlich mussten wir auch zu den Grundpfeilern hinunterklettern. Das war ziemlich abenteuerlich, vor allem durch den lehmigen Boden der Teeplantagen.


Ruhige Momente ohne Menschen und vor allem ohne Tuk-Tuks erlebten wir heute kaum. Die Dichte dieser Fahrzeuge ist hier so hoch, dass es einfach nur noch nervig wird, wenn man auf schmalen Wegen unterwegs ist, ständig angehupt wird und halb in den Graben springen muss, damit sie vorbeikommen. Gleichzeitig müssen diese Massen an Touristen ja auch irgendwie befördert werden. Laufen in den Bergen ist nun mal anstrengend, selbst bei 23 °C. 



Wie Ella sich inzwischen gewandelt hat, zeigte sich perfekt am Eingang zum Pfad des Little Adam’s Peak. Dort wurde ein Pool-Beach-Club eingerichtet, in dem wohlhabende Gäste Cocktails schlürfen und dabei in die Teefelder schauen. Daneben eine riesige Schaukel, auf der sich Touristen als Blumenmädchen verkleiden lassen, um dann mit Drohnen und Kameras über den Teeplantagen perfekt in Szene gesetzt zu werden. Die Krönung ist das Luxus Resort in dem Teefeldern, wo man standesgemäß mit dem Helikopter anreist.



Das authentische Sri Lanka findet man hier höchstens noch beim Essen. Alles andere ist eine riesengroße Inszenierung, während die Menschen auf den Teeplantagen weiter ihrer ganz normalen Arbeit nachgehen. Wir brauchten eine Pause. Eine Pause von Menschen. Also setzten wir uns auf eine ruhige Dachterrasse für einen Mittagssnack.



In der Stadt entdeckten wir außerdem Curd-Eis mit Honig. Wir wussten, dass Curd hier eine beliebte Nachspeise ist, hatten uns aber nie wirklich damit beschäftigt, woraus es eigentlich gemacht wird. Am Ende aßen wir also Wasserbüffel-Joghurt mit Palmzuckersirup. Gar nicht schlecht, schmeckte allerdings doch ziemlich nach Ochse.



Pünktlich zum ersten Donnerschlag verließen wir wieder unsere Unterkunft, um etwas essen zu gehen. Der Himmel wurde bedrohlich dunkel, die Nacht brach herein, und der Regen lag schon spürbar in der Luft.



Der Weg dorthin ganz in unserem Stil, alles andere als leicht. Es ging steil bergauf über Schotterwege und ausgewaschene Treppen. Manchmal endete die Straße einfach, weil ein Erdrutsch im Weg lag. Das letzte Stück war nur noch über die Gleise zu erreichen, um am Ende eine wackelige Hühnerleiter hochzuklettern, das auf Stelzen gebaute Restaurant zu erreichen. 


Das Essen in diesem völlig gehypten Restaurant war gut. Wirklich surreal wurde es aber erst, als wir es wieder verließen. Die nächsten sechzig Sekunden waren kaum zu begreifen – wir hielten den Atem an, standen völlig staunend da und wussten eigentlich gar nicht, was gerade alles gleichzeitig passierte.



Nachdem wir die wackelige Hühnerleiter irgendwie überlebt hatten, blieben wir kurz stehen. Direkt vor uns erlebten wir die Metamorphose eines Glühwürmchens. Mitten in dieser Dunkelheit, während der Himmel grollte entstand plötzlich dieses kleine leuchtende Wunder. 

Wäsche trocknen in Sri Lanka


Dann ging alles sehr schnell. Wir liefen über die Böschung, passierten die Gleise und stiegen einen kleinen Abhang hinunter. Plötzlich rutschte ich weg, konnte mich gerade noch auf den Beinen halten und genau in diesem Augenblick krachten drei riesige, faulige Jackfruits vom Baum gegenüber vor uns auf den Boden. Irre!


In Ella ist es übrigens ein bisschen wie in China: Wo die Bewertungen am höchsten sind, stehen die meisten Menschen Schlange. Manche Restaurants sind heute deutlich leerer als gestern. Insgesamt sind es auch etwas weniger Touristen. Viele verbringen den Neujahrsabend offenbar lieber am Strand von Hikkaduwa.



Was hier eine weitere Absurdität ist: Touristen geben jeden Abend für sri-lankische Verhältnisse wahnsinnig viel Geld für Essen, Getränke, Livemusik und Party aus, während gleichzeitig die Ärmsten am Straßenrand sitzen, kein fließendes Wasser haben und versuchen, irgendetwas zu verkaufen, das gerade in ihrem Garten wächst. Das ist kein Problem des Tourismus, sondern die extreme Ungleichverteilung von Reichtum.