Übrigens haben wir inzwischen herausgefunden, dass es gar keine Maus ist, die uns nachts wach hält, sondern dieses freche Hörnchen, das uns jeden Morgen das Frühstück klauen möchte. Es randaliert auf dem Dach herum, quietscht, schreit und poltert.
Für heute buchten wir uns eine Tuk-Tuk-Tour durch die Gegend rund um Ella, um ein paar Sehenswürdigkeiten anzuschauen und durch die Teeplantagen zu düsen. Hier gibt es erstaunlich viel Landwirtschaft, vor allem wird jede Menge Gemüse angebaut. Besonders Tomaten prägen die Landschaft.
Wir genossen die wunderschöne Vegetation mit weiten Ausblicken. Gigantische, rot blühende afrikanische Tulpenbäume setzten leuchtende Farbtupfer in die Hänge. Beschwerlich war die Auffahrt zu unserem nächsten Ziel. Straße konnte man das kaum nennen. Mit dem Auto wäre ich hier keinen Meter gefahren. Für uns ging es hinauf zum Mahamevnawa Buddhist Monastery in Kumbalwela.
Das Kloster selbst wirkte fast surreal. Prunkvoll, makellos, durchgestaltet bis ins Detail in sanften Pastelltönen, unglaublich viel Rosa, dazu Gold und Ornamente. Und das alles an einem Ort, an dem ringsherum weder richtige Straßen noch wirkliche Infrastruktur existieren.
Finanziert werden solche Klöster in Sri Lanka meist nicht vom Staat, sondern über großzügige Spenden. Reiche Familien, Geschäftsleute oder Sri Lanker aus dem Ausland investieren hier viel Geld, weil es als besonders verdienstvoll gilt, religiöse Orte zu unterstützen und Karma zu sammeln. So entsteht dieser starke Kontrast: mitten im Nichts ein Ort von fast unwirklicher Perfektion. Genau das macht ihn so faszinierend und gleichzeitig ein bisschen befremdlich.
Nachdem wir die Aussicht von dort oben genossen und uns die vielen wunderschönen Ornamente angesehen hatten, ging es mit dem Tuk-Tuk wieder bergab. Was dieses Fahrzeug auf Ceylons Straßen oder besser gesagt Nicht-Straßen alles aushalten muss, ist wirklich beeindruckend. Plötzlich befanden wir uns auf schmalen Trampelpfaden mit gefühlt zwanzig Prozent Steigung, mitten in den Teeplantagen, auf dem Weg zu einem Aussichtspunkt.
Wir kamen schließlich am Demodara Viewpoint an, wo man auf den berühmten Rail Loop blickt, der angelegt wurde, um die Steigung für Züge zu überwinden. Die Aussicht war wunderbar. Über uns zog ein Adler seine Kreise und dann hatten wir wieder einmal Glück: Genau in diesem Moment fuhr der Zug vorbei, der hier nur noch zweimal am Tag entlangkommt.
Am frühen Nachmittag ließen wir uns wieder in Ella absetzen und machten uns auf die Suche nach etwas zu essen. Wir haben hier längst noch nicht alles probiert. Endlich hatte das Matey Hut freie Plätze, also steuerten wir direkt dorthin. Dieses kleine Haus soll die größte und beste Curry-Auswahl in ganz Ella haben.
Auf dem Plan standen Bananen-, Jackfruit-, Rote-Bete- und Mango-Currys, dazu ein Cheese-Egg-Paratha. Begleitet wurde das Ganze von der besten Limonade, die ich jemals getrunken habe. Selbst die Minze wurde komplett mit durch den Mixer gejagt. Es war ein Fest.
Die nächsten vier Stunden waren so typisch wir. Die ersten drei Kilometer liefen wir auf den Eisenbahnschienen Richtung Süden. Es ging durch eine wundervolle Landschaft mit vielen Blumen, Affen, weiten Ausblicken und in der Ferne sah man die Little Ravana Falls.
Das Beste daran: Es war ruhig. Kein Straßenlärm. Davon gibt es in Sri Lanka nämlich sonst reichlich. Und wenn gerade kein Tuk-Tuk knattert, dann hängen die Menschen hier alle fünf Minuten lautstark am Telefon. Hier aber war einfach nur Stille.
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Wir bogen von den Gleisen ab, stiegen eine schmale, windige Treppe bergab und landeten irgendwo in einem Vorgarten. Fremde Grundstücke betritt man hier ziemlich häufig. Oft lassen sie sich gar nicht als solche erkennen. In Deutschland gäbe es vermutlich einen Zaun und damit eine klare Grenze. Hier wirkt alles irgendwie offen, zugänglich für jeden.
Wir standen an den Ausläufern der Little Ravana Falls. Und was dann folgte, war für die nächsten zwei anstrengenden Stunden die grüne Hölle des Hochlands. Eine Frau begegnete uns und fragte, wo wir hinwollten. Wir sagten: nach Ella. Sie zeigte in die Richtung, aus der wir gerade gekommen waren. Kurz darauf verstanden wir, warum sie uns so ungläubig angesehen hatte, als wir genau in die entgegengesetzte Richtung zeigten.
Auf der Karte waren dort nur braune Striche eingezeichnet. Das bedeutet ja meist: Es wird schon irgendeinen Pfad geben und irgendeiner war es auch. So fanden wir uns plötzlich mitten im Dschungel an den Berghängen von Ella wieder. Irgendwann bestand der Weg nur noch aus Lehm, Gebüsch, einem schmalen Pfad und teilweise ausgewaschenen Hängen. Kein Wunder, nach den vielen Erdrutschen der letzten Zeit.
Wir waren nicht mit festen Schuhen unterwegs, sondern nur in Trekkingsandalen. Wir kletterten über Felsen, stiegen vorsichtig hinab und hofften immer wieder, dass das hier wirklich der richtige Weg war, der sich über mehrere hundert Meter nach unten zog. Über uns hingen riesige Jackfrüchte, die jederzeit auf unseren Kopf hätten fallen können. Es wurde dunkel, da ein großes Gewitter nahte. Ob wir Schlangen passiert haben, können wir nicht sagen. Ein mulmiges Gefühl war es schon, mit fast nackten Füßen durch dieses dichte Grün zu laufen.
Dieser Weg schien nie zu enden. Wir waren schon froh, dass er überhaupt noch halbwegs als solcher zu erkennen war. Irgendwann traten wir zwischen Lehmhäusern wieder zurück in die Zivilisation. Erleichterung machte sich breit.
Und genau in diesem Moment wurden wir abgefangen. „Wollt ihr zu den Wasserfällen?“ fragte uns jemand. Wir dachten nur: Welche Wasserfälle? Wir kommen doch gerade von einem. „200 Meter nach links“, hieß es, dort gäbe es einen guten Aussichtspunkt. Also los, 200 Meter auf festem Stein, das schaffen wir auch noch.
Was dann kam, übertraf allerdings wieder alles. Ein Mann kam uns entgegen, der weiter unten am Hang eine kleine Hütte hat, und nahm uns mit auf sein Grundstück, um uns die Wasserfälle zu zeigen. Es wurde noch dschungeliger, noch rutschiger. Wir kletterten über Steine direkt am Auslauf des Wasserfalls entlang und jeden Moment dachten wir, unser gesamtes Kamera-Equipment würde in den Little Ravana Falls landen.
Aber wir müssen sagen: Wir hatten einen sehr guten Guide. Er half uns sicher über die Steine und natürlich wurde er am Ende auch bezahlt. So läuft das hier in Sri Lanka. Auch wenn es wieder einmal das Anstrengendste war, was wir seit Langem gemacht haben, waren wir überglücklich über diese letzten vier Stunden Wanderung rund um Ella.
Kaum saßen wir frisch geduscht mit einem Bier auf unserem Balkon, fing es an zu schütten – nicht in dünnen Bindfäden, sondern eher in Sisalseilen. Und genau so blieb es für den Rest des Abends.
Der Regen hörte einfach nicht mehr auf. Sturzregen. Es fühlte sich an, als würde in regelmäßigen Abständen jemand einen gigantischen Eimer Wasser über das Hochland kippen.
Aber es half nichts – wir wollten ja noch etwas essen gehen. Also zogen wir alles an, was wir an Regensachen dabeihatten, und kamen tatsächlich halbwegs trocken in einem netten Lokal an. Wir suchten uns bewusst etwas Ruhigeres, hatten keine Lust auf die Partytempel. Gegen halb zehn waren wir wieder zurück in unserer Unterkunft und warten dort, bis das neue Jahr beginnt.






























































