Mittwoch, 27. Juli 2022

Manchmal entscheidet das Herz...

 km 4.353 🇫🇮/🇳🇴 - Levi bis Karasjok 


Das Wetter war heute Morgen nicht so toll, aber so lange es nicht in Strömen regnet, geht hier oben wirklich alles. Es braucht eben nur die richtige Kleidung. Während wir aufräumten und frühstückten, besuchte uns ein stattlicher Rentierbulle, der irgendwelche akrobatischen Anwandlungen hatte. Wahrscheinlich hat er sich aber einfach nur versucht mit seinem Geweih den Hintern zu kratzen.


 

Rentier Wirrwarr 


Pallas-Yllästunturi Nationalpark 


Da wir uns immer noch im Pallas-Yllästunturi Nationalpark befinden, haben wir auch gleich den Tag mit einer kleinen Wanderung begonnen und nebenbei unsere Blaubeervorräte aufstockt. Später besichtigten wir noch 200 Jahre alte Fischerhütten und zogen weiter entlang des Pallas Fjells. Fast hätte es wieder ein Auto erwischt oder eben ein Rentier. Bei erlaubten 80 km/h musste uns halt noch jemand überholen. Das Tier selbst war so erschrocken, dass es auch noch auf uns zu rannte, aber kurz vorher abdrehte.

 




Das Wetter wurde besser und es zeigte sich sogar mal die Sonne. In einem Dreiseelenort entdeckten wir den wahrscheinlich schönsten Badeplatz Finnlands. Ganz klein, niedlich mit einem dreieckigen Toilettenhäuschen, Holzhaus mit Umkleiden und Brennholz, einer Picknickbank, Holzhollywoodschaukel und Grillhütte genau am Fluss. Perfekter Ort zum Mittagessen und für manche auch zum Schwimmen. Immerhin hatten wir heute nochmal 19 Grad. Zumindest punktuell. Unser Wetter ändert sich nämlich im 30 Minuten Takt, weil wir ja viel unterwegs sind.

 





Wir fuhren durch Rentierwinterweiden. Also eingezäunte große Gatter, die auf dem Boden von grau-grünen Moose und Flechten übersät waren – wie ein Teppich. Wir hielten im zweiten Besucherzentrum des Parks und kamen auf die glorreiche Idee zu einem Aussichtspunkt zu wandern. Bereits nach 200 Metern fing es an zu regnen. Nach einer Stunde im strömenden Regen war Tedward unsere Rettung. Wir allerdings waren klitschenass. Also los, Heizung auf Volllast und weiter geht’s.

 



Leber Stein 






















Nun war der Moment gekommen eine wichtige Entscheidung zu treffen, die uns wirklich sehr, sehr schwer fiel. Wir hatten ab nun zwei Optionen und mussten diese mit dem Wetter für uns entscheiden: Option 1 sind die Lofoten bei strahlendem Sonnenschein und sagenhaften 19 Grad. Nicht so oft, ist das Wetter dort so perfekt. Der Nachtteil sind Menschen. Zählt die Inselgruppe doch zu dem beliebtesten Hotspot Norwegens. Als wir letztens dort waren, war es schon sehr voll und da war kurz vorher erst die Einreise wieder möglich, sodass viele wahrscheinlich ihren Urlaub abgehakt haben.

 


Besucherzentrum 

Sami Zelt 


















Option 2 ist der nordöstlichste Punkt Europas. Vardø liegt an der Barentsee und reicht sogar über das Festland von Russland hinaus. Es ist die einzige norwegische Stadt, die in der arktischen Klimazone liegt. Heute sind dort 22 Grad. Morgen 11 Grad und heftiger Wind. Und morgen wäre der letzte Polartag des Jahres. Was machen wir? 

 

Badeplatz 


Grillhütte 




Nach einem letztmaligen Einkauf von Brathühnchen in einem finnischen Supermarkt bog das Auto nach rechts ab, also Richtung Norden. An und für sich fiel uns die Entscheidung aufgrund des schönen Wetters im Paradies der Lofoten sehr schwer. Allerdings wissen wir, wie sehr wir die Ruhe schätzen. Deswegen ist und kann Vardø nur die richtige Entscheidung für uns sein.

 




Nach 30 km erreichten wir die norwegische Grenze. Es ist krass wie sich schlagartig die Landschaft ändert. Wald weicht Weite. Als ob den Ländern anhand ihrer Natur die Grenze gezogen wurde: „sieht aus wie Finnland, ist Finnland. Und ab hier machen wir mal Norwegen.“ Und schwupp waren sie auch da die großen weißen rollenden Kühlschränke der Deutschen. Dann kann man sich vorstellen, wie es in den touristischen Orten ist. Wir sind ja im tiefsten Lappland.

 



Die Preise für Obst und Gemüse steigen schlagartig. Insgesamt ist es aber kein herber Schlag. Die Lebensmittelpreise in Deutschland haben sich in letzter Zeit bereits erhöht, eine weitere Steigerung gab es in Finnland und das bißchen mehr stört nun auch nicht mehr. Mit dem Benzin sind wir jetzt bei 2,39€/Liter angekommen und haben es tatsächlich geschafft in einer halben Stunde auf norwegische Boden sage und schreibe 150€ ausgegeben. Wir brauchten ja schließlich auch noch unsere Kaffee Flatrate von Circle K und die dazugehörigen Becher.

 



Koppen für die Flatrate 






















Für uns lagen noch 120 Kilometer einsame weite Straßen vor uns bis in die Gegend von Karasjok, wo sich das Parlament der Samen befindet. Wir ergatterten noch einen schönen Platz am Fluss, bewaffneten uns mit allem, was wir gegen Mücken haben und genießen nun den Abend drin bei leichtem Nieselregen.



wunderschön verpacktes Brot