Freitag, 14. Juli 2023

Kanazawa - die Zeit steht still…

Nikko nach Kanazawa 


Zimmerausblick

Heute Morgen hatten wir das Gefühl irgendwo im Amazonas aufzuwachen: Regen tropfte von den Bäumen, Grillen zirpten und Vögel zwitscherten durch den Nationalpark. Wir hatten Zeit jede Minute zu genießen, denn wir mussten erst gegen 8 Uhr los zum Bahnhof. 




Nikko



Der Bummelzug nach Utsunomiya war ab Nikko noch ziemlich leer und füllte sich erst auf den nächsten 40 km mit vielen buntgemischten Menschen, die die Bahn aus verschiedenen Gründen an diesem Morgen nutzten. Aber alle verband ein Ereignis. Nur einen Kilometer vor dem Zielbahnhof hörte man ein kurzes Raunen, der Zug fing behutsam an zu bremsen und keine Sekunde später rumpelte und klirrte es unter uns. 

 




Nach 25 Minuten waren wir umzingelt von Polizei, Feuerwehr, Bahnmitarbeitern, Rettungskräften und einem Kriseninterventionsteam, was sagenhafte Arbeit leistete. Sofort durchliefen sie den Zug, verteilten Wasser und fragten auf Japanisch und Englisch, ob alle okay sind. Manche kollabierten, schließlich waren wir über 1,5 Stunden in einem vollen, geschlossenen Zug. Aber jeder half sich untereinander mit Ablenkung der Kinder, abwechselndem Sitzen oder einfach einem netten Wort. 

 




Währenddessen versuchte man uns anzuheben, um das zu bergen, was übrig geblieben war. Nach unseren Schätzungen war es kein Suizid, sondern ein Unfall an einem Bahnübergang. Als wir übrigens den paar Sekunden entfernten Bahnhof erreichten, standen auch dort Hilfsteams, die sich um die Fahrgäste kümmerten. 

 




Wir versuchten unserer zwei ausstehenden Züge neu zu buchen, also die Sitzplätze. Das funktionierte leider nicht, da man eine bestehende Reservierung nur am Schalter ändern kann. Dafür war aber die Schlange zu lang. So fuhren wir erstmal 100 km mit den Shinkansen an das Drehkreuz in den Westen und mussten in den 5 Wagons für freie Sitzplatzwahl was suchen. 




Kanazawa 














In Omiya selbst hatten wir noch 1 Stunde Aufenthalt bevor es weiterging. Das verhalf uns endlich mal dazu etwas zu Essen zu suchen. Gegessen haben wir heimlich am Bahnsteig. Das darf man hier nämlich nicht im Stehen. Erinnerte uns irgendwie an die Aktion in Dubai, wo wir zum Ramadan auf dem WC futterten. Es waren noch 400 km bis Kanazawa und du brauchst dir bei einer Fahrzeit von 2,5 Stunden keine Sorgen machen, dass du den Zug verpasst. Der fährt eben auch ständig. Neuer Streckenrekord: 293 km/h. 

 



Die Landschaft um Nagano war fantastisch: ringsherum Berge und im Tal saftig-grüne Reisfelder. In Zug war eine himmlische Ruhe und wir ließen uns eine BentoBox schmecken. Irgendwann erreichten wir sogar das Japanische Meer und später die Stadt Kanazawa, nun eben zwei Stunden später. 

 

Omicho Market Kanazawa 


Wir entdeckten einen riesigen Outdoorladen, den wir erstmals unsicher machten, bezogen unser Hotel und suchten noch etwas zu essen. Leider ist es hier meistens so, dass Lokale wirklich nur zum schnellem Essen aufgesucht werden (außer Izakayas – das sind Kneipen) und man hier eigentlich gar nicht so viel Zeit verbringen soll, weil oft noch Menschen anstehen. Heute hatten wir aber etwas zum länger Sitzen gefunden und so schmeckte das Lemon Sour (Zitronenlimonade mit Alkohol) noch besser. 

 

Donut Automat 


Anstrengend ist übrigens auch das Problem einer laufenden Nase, die die Klimaanlagen als Verursachende festlegt. Es ist verpönt in der Öffentlichkeit Nase zu schnauben. Schön, wenn es jedes Mal genau im Restaurant los geht. Da muss man immer gucken, dass keiner guckt und sich unter dem Tisch verstecken.