Mittwoch, 16. Juli 2025

Island, komm wir spielen Schiffe versenken …


Das Gute an unserem Caddy sind vor allem die getönten Scheiben. Es war wunderbar gestern die Isländer zu beobachten, wie sie aus einem kleinen, flachen Anhänger eine Campingstadt erbauten. Erst wird das ganze Gestell hochkurbelt und auf einmal befindet sich darunter ein ausziehbarer Pavillon. Dann werden die Seitenteile weggeklappt und schwupps gibt es auch noch Schlafplätze für vier Personen rechts und links, die mit einer Stütze an der Achse befestigt sind. Jetzt noch das gigantische Vorzelt, welches mit Luft zum Stehen gebracht wird. Das Ganze bekommt noch eine Tür und fertig ist das Island Campingerlebnis. Allerdings baut man das sicher nicht jeden Tag auf und ab.



Wir fuhren in die kleine Küstenstadt Akranes und besuchten den Leuchtturm. Dort trafen wir auf zwei Einheimische, die uns in der Ferne etwas zeigten, was hell erleuchtet war. Dies war das Sundhnuk Kratergebiet in circa 50 km Entfernung. Aus einer Fissur von 2.4 km spuckt es seit 4 Uhr morgens Lava in die Höhe. Das, was wir gesehen haben, war wohl die Gaswolke aus Schwefel und anderen giftigen Substanzen. Um Grindavik kommt es bereits seit Jahren immer wieder zu Eruptionen, so dass dies für die Isländer gar nicht so etwas besonderes ist. 

die Vulkanwolke

Sobald wieder Ruhe ist, wird die abgekühlte Lava von den Straßen gekratzt und neuer Asphalt verlegt. Die Stadt Grindavik ist allerdings schon eine ganze Weile fast verweist, da sie genau an den aktiven Vulkanen angrenzt. So auch die Blaue Lagune, die heute natürlich geschlossen hat. Man hat tatsächlich die ganze Rekjanes Halbinsel gesperrt oder zumindest die meisten Straßen. Macht ja Sinn. Wie sich das auf unsere Tour auswirken wird, wissen wir im Moment noch nicht.



Heute hatten wir das wohl typische Island Wetter. Am Morgen war es bitter kalt. So kalt, dass selbst die Jugendlichen bei ihrer Ferienarbeit eher aussahen wie Strafgefangene oder Leute, die irgendwelche Sozialleistungen erbringen mussten. Keine 2 Stunden später formierten sich die Wolken bedrohlich, aber in der nächsten Sekunde auch wieder völlig faszinierend. Hin und wieder schaffte es die Sonne einzelnes Spots zu beleuchten. Dann wurde es natürlich auch wieder warm. 16 °C mit Wind und 16 °C mit Sonne haben in Island eine gefühlte Temperaturdifferenz von mindestens 10 °C. Wind bedeutet also Thermounterwäsche, dicke Jacke und Windjacke. Sonne heißt alles von sich zu werfen und im T-Shirt rumzurennen.

Pistazie & Kardamom


Wir fuhren entlang der Küste. Zwischen der Hauptstadt Reykjavik und uns befand sich nur der heute tiefschwarze Ozean, der irgendwie bedrohlich wirkte. Selbst aus über 20 km Entfernung sah man das Wahrzeichen der Stadt, die Hallgrims Kirche mit einer Höhe von über 70 Metern. 



Wir machten einen Abstecher entlang des Hvalfjordurs. Wer nicht viel Zeit hat und sich in der Gegend von Reykjavik befindet, kann auf dieser Straße erahnen, wie sich die Westfjorde anfühlen. Eine wirklich wundervolle Strecke. Am Ende des Fjords steht die wohl noch einzigste Walfleischverarbeitungfabrik Islands. Diese wird jedes Jahr durch die Regierung berechtigt, Finnwale abzuschießen. Bloß gut gibt es Organisationen wie Sea Shepherd, die zwei der ehemaligen Walfangschiffe 1986 versenkt haben. Auf einem kleinen, schmalen Pfad kann man sich die Schiffe aus der Höhe anschauen. Zugänglich für die Öffentlichkeit sind sie nicht. Wahrscheinlich aus Gründen.




Wir kamen Reykjavik immer näher und befanden uns auf einem Schlag mitten in einer pulsierenden Großstadt, zumindest auf der Stadtautobahn. Island hat über 400.000 Einwohner, alleine 140.000 davon leben in der Hauptstadt und das merkt man auch. Leider ist so eine Hauptstadt auch wesentlich gefährlicher wie Schotterstraßen, irgendwo in einem abgelegenen Gebiet im Norden von Island. 



Denn auf einmal knallt es am linken Hinterrad. Wahrscheinlich sind wir über irgendetwas drüber gefahren - mitten auf dem Stadtring. Tatsächlich war dort aber nichts auf der Fahrbahn zu sehen. Es dauerte keine 2 Minuten, dann leuchtete die Reifendruckanzeige und wir schaffen es gerade noch so die nächste Ausfahrt zu nehmen. Als wir aus dem Auto ausgestiegen, hörte es sich an, als hätte ein Wal Atemwegsprobleme und ein lautes, nicht mehr endendes „Pffff“ ertönte. 




Na wundervoll – der Caddy hat also fast 400 km Schotterstraße überlebt, aber auf der Stadtautobahn in Reykjavik fährt er sich ein großes Metallteil ein. Ja und wie weiter? Wir fingen also an zu googeln. Fahren war keine Option mehr, denn der Reifen war binnen weniger Minuten luftleer. Tatsächlich fanden wir einen Anbieter für Road Assistant und riefen an. Dieser sagte, dass er erst mal in ca. einer Stunde vorbeikommen würde und schaut, ob er den Reifen reparieren kann. Dass dies aussichtslos sein wird, habe ich ihm versucht schon per WhatsApp begreiflich zu machen. 



Ca. eine Stunde später hielt ein kleines weißes Baustellenfahrzeug vor uns. Ein junger Mann sprang aus dem Auto und fragte uns, ob wir gar kein Ersatzrad haben und meinte, der Reifen ist hin und würde auch nicht mehr zu reparieren gehen. Er fragte uns, ob wir einen Wagenheber haben. Allerdings hatten wir ja noch immer keinen neuen Reifen. Er telefonierte mit einer Werkstatt, die sich auf der anderen Seite der Autobahn befand und erklärte uns, wie wir auf Isländisch weitere Hilfe suchen könnten. Dann sagte er, dass er los muss und verschwand. Wir wussten gar nicht, was uns geschieht. 



10 Minuten später kam unser bestellter Assistent, nachdem wir bereits weiter rumtelefoniert hatten und uns niemand richtig helfen konnte. Tatsächlich dachten wir jetzt warten wir 1 Stunde auf jemand, der auf seiner Homepage angibt, dass er Pannenservice in ganz Island leistet und dann verzieht er sich einfach und sagt „der Reifen ist kaputt.“ Stattdessen war das nur ein netter Kerl, der zwei Mädels im deutschen Caddy behilflich sein wollte. Danke dafür.



Wir hatten wieder einmal Glück, dass wir uns in Hauptstadtnähe befanden. In irgendwelchen entlegenen Ecken wäre das sicherlich nicht in 2 Stunden erledigt gewesen. Der Mann bockte unser Auto auf, befreite den Reifen von unserer Alufelge, machte in seinem Fahrzeug einen neuen drauf und fertig war der Reifenwechsel. Es dauerte keine 15 Minuten und kostete 316 €. Was in unserem alten Reifen zum Vorschein kam, war schon beachtlich, eine circa 8 cm lange Schraube mit zwei Muttern daran. Das Komische war, dass nicht die Schraube im Reifen steckte, sondern die Muttern sich durchgeschlagen haben. Hoffentlich kommt das Teil nicht aus unserem eigenen Auto. Aber dafür war es zu rostig.



Wir hatten genug von Stadt und sahen zu, dass wir schnellstmöglich wegkommen. Schnell war nicht möglich, denn an der nächsten Kreuzung waren die Gänse los. Aber nicht etwa 2-3. Nein, eine ganze Großfamilie. Die Kreuzung war somit lahmgelegt. Eine tierliebe Person hat es geschafft acht Spuren unter ihre Kontrolle zu bringen, um die Gänse mit ihren Jungen sicher Richtung See zu steuern. Fantastisch!



Nach 30 km Fahrzeit leuchtete auf einmal die Reifenwarnanzeige für den rechten Hinterreifen auf. Oh oh. Wir haben gehofft, dass die Druckschwankungen durch unsere Schieflage beim zurücksetzen entstanden ist und setzten einfach nur neu auf 0. Ab jetzt heißt es also Daumen drücken, dass wir morgen nicht den zweiten Reifen eingebüßt haben.



Unser Ziel war heute der Pingvellir Nationalpark. Dort wo sich die amerikanische und eurasische tektonische Platte trifft und ein riesiger Riss in der Landschaft entstanden ist. Wir setzen uns unseren Mückenschutz auf, denn es ist ziemlich irre sobald man das Auto verlässt, und machten uns auf unsere 8 km lange Wanderung durch den Nationalpark.



Natürlich darf auch ein Nationalparkzentrum nicht fehlen und was Island wirklich kann, sind kreative Bücher über das Land zu gestalten. Es gibt wundervolle Kinderbücher, die Papageientaucher erklären oder beschreiben auf lustige Art und Weise was Schafe machen, wenn keiner hinguckt. Dabei sind sie wundervoll illustriert, und wir überlegen noch, ob wir uns auch irgendeines der vielen Meisterwerke kaufen werden.


das war erst der Anfang